AB 2014 MIT RAKETENANTRIEB

Als erste Postsendung des frischen Jahres haben wir fünfhundert „Letterpress-Bretter“ mit  Neujahrsgrüßen auf den Weg gebracht. Dirk Uhlenbrock entwarf eine Rakete mit klar definierter Mission: Sie möge die Vorzüge bestimmter Stilmittel hinaus in die Welt tragen (Liniengrafik, Blinddruck, üppige Papierstärke, Farbschnitt, …) und außerdem unseren Ehrgeiz visualisieren, den wir auch aus dem Erfolgsjahr 2013 schöpfen. Wir sind nun zu sechst statt zu dritt, die Werkstattfläche konnten wir (ohne umzuziehen) verdoppeln, ebenso die Anzahl tonnenschwerer Apparaturen. Und der Vorsprung durch 60er-Jahre-Technik geht weiter – aber das steht dann in einem separaten prägedruck.org-Beitrag.


Lift-Off – aber nur mit 1,45er Porto.

„Die mit der Goldkante“ Der unbescheidene Farbschnitt profitiert vom großzügigen 1.200 g/qm-Flächengewicht

Dank der klugen „Farbenpolitik“ der Büttenpapierfabrik Gmund konnten wir zur Cotton-Karte farblich passende Briefhüllen aus 250 g/qm-Papier fertigen. Da die Idee mit dem Sonderformat einen Tag vor Weihnachten entstand, war ein Stanzwerkzeug nach Maß vom Dienstleister leider nicht mehr zu bekommen … wie gut, dass unser Nachbar eine Tischlerwerkstatt betreibt, was beim Selbermach-Werkzeugbau enorm hilfreich ist!

fühl mal: Kontrast!

Glattes Papier, vierfarbiger Druck, makellose Anmutung – vor 25 Jahren waren das Merkmale von besonders hochwertigen Drucksachen. In der Zwischenzeit erreichten die klügsten Unternehmer der Industrie, dass solche Druckerzeugnisse zu Billigwaren wurden. Man bekommt sie allerorts für Erdnüsse, selbstverständlich vierfarbig plus Lack und gerne in verschwenderischen Mengen.

Erfreulicherweise teilt die Mehrheit der Letterjazz-Kunden unsere Passion für matte, nicht-geglättete Feinstpapiere, die sich in handwerklichem Letterpress-Maßstab mit unzeitgemäßer Maschinentechnik in herzerwärmende Drucksachen verwandeln lassen. Jedoch: Trotz der Material-Rauheit von schönem, authentischen Papier ohne Tech-Beschichtung kann man Spiegelglanz und Modernität durchaus als wirkungsvolle Stilmittel aktivieren – das richtige Rezept vorausgesetzt, um nicht zu sagen: Kontraste.

In der Gestaltung gehört Kontrast zum kleinen Einmaleins der Stilmittel, jedoch geht das bei Printmedien selten über das Grafische hinaus. Doch gerade das Spiel mit Material und Techniken macht manches Produkt erst richtig lebendig. Beispiele:

Recycling-Pappe mit schwarzem Letterpress-Druck – kombiniert mit einer Folienprägung in gebürstetem Metall-Look (Kunde: Modern Life School)

Materialkontrast pur: Hier haben wir Letterpress-Gold auf schwarzem Naturkarton mit einem Vierfarbdruck auf einem hauchdünnen, selbsklebenden, silbernen Material kombiniert (leicht vertieft dank Tellerprägung). (Kunde: helbig Dialogdesign)

Bei diesem Geschäftsbericht (Konzept und Design: heureka!) sitzt ein bedrucktes Blech in einem Ausschnitt der Titelseite; wir durften ein Letterpress-Etikett mit Handnummerierung zum Kontrastprogramm beisteuern, ebenso (nächstes Bild) eine Hülle aus Papier im Graupapp-Look in Nachbarschaft zu den Offset-Inhaltsseiten auf gestrichenem Papier.

Richtig anfragen – mehr Zeit für Pils und Miez

Wer oder was auch immer zu Hause wartet: Wird die Arbeit effizient erledigt, bleibt mehr Zeit für Daheimgebliebene, Müßiggang, Laster, Triebesdinge, etc . Hier geht es um die Korrespondenz – im Speziellen: Das Anfragen von Druckerzeugnissen. Wer schon frühzeitig klarstellt, was er sich genau wünscht (Lücken sind freilich erlaubt), der kommt ganz ohne zeitraubendes Rückfragen, Zögern und Zaudern des Kalkulierenden aus und vermeidet mitunter bittere Missverständnisse.

So oder ähnlich trifft es manchmal bei uns ein:

Selbstverständlich freuen wir uns über alle Anfragen – aber hier fehlen leider nahezu alle aufwandsrelevanten Daten.

Will man auf zeitraubende Rückfragen verzichten, könnte man beispielsweise eine solche Nachricht auf den Weg bringen:

Eins plus mit Sternchen für denjenigen, der noch eine Entwurfsdatei  – und sei es nur ein Screenshot – zur Ansicht mit anhängt. Damit lassen sich eventuelle drucktechnische Unwägbarkeiten gleich überprüfen. Natürlich ist noch kein „Diplom-Kunde“ vom Himmel gefallen, aber es lohnt sich auch in Zeiten allgemein rückläufiger Print-Kompetenz frisch in die Materie einzusteigen. Das Büchlein Druckreif (Verlag avedition), auf das ich ohne Vergütungsabsicht hinweise, bringt allerhand Licht in derlei grundlegende Print-Produktionsthemen – natürlich gibt es noch mehr nützliche Literatur bei anderen Verlagen.

Bleiben wir beim Beispiel oben: Die Angabe „Objekt“ hilft beim weiteren Austausch – das Kind bekommt einen Namen und beide Seiten wissen so stets, worüber sie reden. Das Format ist insbesondere für die Druckformkosten und Papierkosten von Bedeutung, ebenso für die Frage der Machbarkeit bezogen auf Maschinenformate. Stichwort Druck: Gerade bei Letterpress ist die Anzahl der Druckfarben besonders entscheidend für den Preis.

Variablen und Varianten gehen auch, wenn jedoch beispielsweise zwei Formate, drei Papiere und drei verschiedene Auflagen preislich dargestellt werden sollen, gerät das Kalkulieren oft zur Strafarbeit. Ein Telefonat vorab hilft oft, Machbares einzugrenzen und kostentreibende Faktoren zu identifizieren.

Wenn dann schließlich der errechnete und in der Währung Euro dargestellte Aufwand zu den Vorstellungen des Anfragenden passt, dürfen wir uns über einen Auftrag freuen.


Vielen Dank! Aber: da fehlt leider noch etwas.

Wer ist der Auftraggeber? Was wird beauftragt? Wenn es schnell gehen soll, kann man sich auf eine Angebotsnummer beziehen, sofern das Angebot inhaltlich dem tatsächlich Gewünschten entspricht. Besser ist eine explizite Nennung der Eckdaten (siehe Beispiel-Anfrage oben), samt Auftragswert – auch im eigenen Interesse des Auftraggebers. Zum Schluss interessiert uns noch: Wohin dürfen wir die fertigen Kostbarkeiten versenden? Das kann selbstredend auch später geklärt werden, könnte aber kostenrelevant sein.

Das behagliche Gefühl bzw. die Gewissheit, dass man sämtliche nötigen Informationen (möglichst in einem Schwung) übermittelt hat, ist nicht zu unterschätzen. Wer sich um eine so klare Kommunikation verdient macht, darf sich über frei gewordene Zeit für unbürokratische Dinge freuen!

Quader statt Blätter

Darf es etwas mehr als 300 g/qm sein? Gern und oft mache ich darauf aufmerksam, dass sich die heutigen High-Tech-Druckverfahren sehr schwer tun, wenn man in puncto Papier etwas solides in der Hand haben möchte.

Willkommen in unserem Druck-Atelier: ab 400 Gramm fängt der wahre Spaß erst an. Prägedruck bzw. Letterpress macht’s möglich. Einer unserer Tiegeldruckpressen ist ein Vielfraß vor dem Herrn; konstruktionsbedingt verschmäht er selbst eine 2,5 Millimeter dicke Pappe nicht, was eine unverschämte Freiheit in der Materialwahl möglich macht.

Für Römerturm Feinstpapier durften wir den 715 g/qm schweren Grafik-Umschlagkarton „PURE COLOUR 715“ mit seinen 15 verschiedenen Färbungen in die Maschine nehmen – ein bemerkenswerter Karton mit echten Alleinstellungsmerkmalen.

Römerturm Pure Colour 715
Römerturm Pure Colour 715
Römerturm Pure Colour 715
Neben der unproblematischen Bedruckung an sich war natürlich das geprägte Erscheinungsbild ein weiteres Plus der Umsetzung per Letterpress.

Mit der gleichen Maschine bedrucken wir darüber hinaus sogar feste Buchdecken, die bereits mit Einbandgewebe bezogen sind. Gegenüber der hier sonst üblichen Heißfolienprägung lassen sich auch kleine Details in bestechender Qualität reproduzieren. Dazu demnächst mehr in diesem Blog.

Letterpress und die Viertelpunkt-Freuden

Manche Paare passen besser zusammen als man ohne besseres Wissen zunächst vermutet: Letterpress und feine Linien zum Beispiel. Hat man in puncto Einfärbung diverse Parameter im Griff, dann gelingen erstaunlich feine Druckbilder.

Wären da bloß die großen Flächen in manchen Entwürfen nicht: Vereint der Gestalter feinste Linien und üppig dimensionierte Flächenelemente in einer einzigen Druckform/Farbe, so muss man sich entscheiden: überfärbte Linien und passable Flächen oder pico-bello-Linien und unvollkommene Flächen. Ein guter Lösungsweg für solche Fälle wäre zwei Durchgänge mit separaten Formen zu drucken, was in Zeiten scheuen Geldes nicht immer die liebste Option eines jeden Auftraggebers ist.

Mit feinen Strukturen lassen sich entzückende „Landschaften“ ins Papier formen – wer braucht da noch Flächen?

Letterpress-Kärtchen mit feinen LinienLight- oder gar „Thin-“ Schriftschnitte sind stets dankbare Letterpress-Stilmittel

Letterpress-Kärtchen mit feinen Linien
Illustrative Elemente – Linienstärke 0,1 Millimeter (Kunde: ruhrprojekt planen + einrichten)

Letterpress-Urkunde mit Guilloche-Muster
Ultra-fein, nicht nur bei Wertpapieren: Guilloche-Muster (Kunde: Hohenrodt-Curling)