fühl mal: Kontrast!

Glattes Papier, vierfarbiger Druck, makellose Anmutung – vor 25 Jahren waren das Merkmale von besonders hochwertigen Drucksachen. In der Zwischenzeit erreichten die klügsten Unternehmer der Industrie, dass solche Druckerzeugnisse zu Billigwaren wurden. Man bekommt sie allerorts für Erdnüsse, selbstverständlich vierfarbig plus Lack und gerne in verschwenderischen Mengen.

Erfreulicherweise teilt die Mehrheit der Letterjazz-Kunden unsere Passion für matte, nicht-geglättete Feinstpapiere, die sich in handwerklichem Letterpress-Maßstab mit unzeitgemäßer Maschinentechnik in herzerwärmende Drucksachen verwandeln lassen. Jedoch: Trotz der Material-Rauheit von schönem, authentischen Papier ohne Tech-Beschichtung kann man Spiegelglanz und Modernität durchaus als wirkungsvolle Stilmittel aktivieren – das richtige Rezept vorausgesetzt, um nicht zu sagen: Kontraste.

In der Gestaltung gehört Kontrast zum kleinen Einmaleins der Stilmittel, jedoch geht das bei Printmedien selten über das Grafische hinaus. Doch gerade das Spiel mit Material und Techniken macht manches Produkt erst richtig lebendig. Beispiele:

Recycling-Pappe mit schwarzem Letterpress-Druck – kombiniert mit einer Folienprägung in gebürstetem Metall-Look (Kunde: Modern Life School)

Materialkontrast pur: Hier haben wir Letterpress-Gold auf schwarzem Naturkarton mit einem Vierfarbdruck auf einem hauchdünnen, selbsklebenden, silbernen Material kombiniert (leicht vertieft dank Tellerprägung). (Kunde: helbig Dialogdesign)

Bei diesem Geschäftsbericht (Konzept und Design: heureka!) sitzt ein bedrucktes Blech in einem Ausschnitt der Titelseite; wir durften ein Letterpress-Etikett mit Handnummerierung zum Kontrastprogramm beisteuern, ebenso (nächstes Bild) eine Hülle aus Papier im Graupapp-Look in Nachbarschaft zu den Offset-Inhaltsseiten auf gestrichenem Papier.

Kurzblick 003: Letterpress-Neujahrspost

Objekt: Neujahrskarte im Format 15 x 15 cm
Umsetzung: 2/0-farbig Letterpress (PMS-Farben), auf 900 g/qm-Gmund Cotton Gentleman Blue; präzisionsbedingt wurde die Karte nicht mittels Schneidemaschine auf Endformat gebracht, sondern gestanzt.

Gestaltung: Dirk Uhlenbrock, erste liga – büro für gestaltung
Produktion: Letterjazz Druck-Atelier



 

Schichtdienst: Prägedruck plus Kaschierung

Ach wie herrlich ist doch schönes Papier! Empfindet man Sympathie für diesen mit Nichts vergleichbaren Werkstoff, dann wird die Arbeit mit hochkarätigen Feinstpapieren zu einer Art Wellness-Anwendung. In der Letterjazz-Werkstatt haben wir das Glück nahezu ausschließlich mit solchen Kostbarkeiten umgehen zu dürfen, trotz teils galaktischer Einkaufspreise.

Die einzige noch mögliche Luststeigerung geschieht dann, wenn sich zwei Letterpress-gedruckte Papierschönheiten zusammentun und dabei eins werden. Mit buchbinderischen Gerätschaften, speziellem Leim, fleißigen Händen und allerhand Erfahrung kaschieren wir mal zwei, mal drei unterschiedliche Feinkartonqualitäten zu einem individuellen „Duplex-“ oder „Triplex“-Produkt.

Oft ist es auch ratsam, zwei gleiche Papierqualitäten für immer miteinander zu vereinen: Nicht selten wünschen sich nämlich unsere Auftraggeber beidseitig mit Prägedruck ausgestattete Karten – da ist eine Kaschierung aus zwei separat bedruckten Bögen stets die beste Herangehensweise. Die Arbeit lohnt sich, denn es ist das gute Ergebnis, das einen sichtbaren und fühlbaren Gegenwert liefert.

Die Werbekärtchen für die Duplex-Freuden gingen besser als manche Semmeln weg – wir erwägen unveränderten Nachdruck.


Eine solide Mittelschicht ist nicht nur für Sozialwissenschaftler von Bedeutung – ein schöner Aha-Effekt für den zweiten Blick.



Die Verbindung von grüngelbem und grauem Gmund-Karton langte dem Kunden noch nicht, darum kam noch eine Konturstanzung als weitere Veredelung hinzu.


Der Mann, der ganze Telefonbücher zerreißen konnte, dürfte sich mit diesen Einladungskarten schwer tun: Drei mal 700 = 2100 g/qm


Nicht mit Zurückhaltung, aber mit Präzision wurde der schwarze Kreis ins Papier gerammt – wer jetzt die Rückseite des Bogens ebenfalls mit Letterpress bedrucken möchte, ist mit einer Kaschierung (zweiter Druckbogen wird passgenau gegengeklebt) gut beraten.


Bei der feinen Karte von heureka durften wir Siebdruck auf braunem Karton mit Letterpress auf dem hochweißen Arches Expression Velours verbinden und eine Außenkontur mit kleinem Eckenradius stanzen.

Gestatten: Farbschnitt

Gestalter wollen mehr. Zwei Seiten reichen nicht (trotz Letterpress), schließlich hat eine gedruckte Karte auch noch vier Kanten, die sich unter der Lupe als gestaltbare Flächen entpuppen. Diese erhalten neuerdings mehr Aufmerksamkeit denn je.

Es ist hip, es ist purer Luxus, es heißt… Color Edged oder Edge Coloring – sagt man zumindest auf der anderen Atlantikseite. Unsere Kunden fragen meist nach farbigen Kanten oder Farbschnitt.

Wer gern zeigt, was er hat, wählt die Visitenkarte aus 600-Gramm-Karton, z. B. dem feinen Gmund Cotton – so leuchten die Kanten schon aus der Entfernung, sofern man die beliebten Day-Glo-Farben einsetzt. Wenn man mit der Visitenkarte lieber Understatement ausdrücken möchte, dann funktioniert der Farbschnitt auch bei dezenten 300 g/qm. Selbst deutlich weniger üppig dimensionierte Papierbögen wie etwa Briefpapier statten wir mit Farbschnitt aus – ein verblüffendes Detail für den zweiten Blick. Aber was sagen schon Worte …



In diesem illustren Kartenfächer versteckt sich eine Visitenkarte aus dunkelgrauem Karton. Handwerklicher Eifer ermöglichte trotz der Papierfarbe einen aufmerksamkeitsstarken, leucht-gelben Farbschnitt.


Für die Markenagentur Zeichen & Wunder haben wir zahlreiche Bestandteile der Geschäftspapiere mit einem leuchtenden orangeroten Farbschnitt ausgestattet – die nachfolgenden Bilder wurden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Merken

Merken

Serviert mit Prägedruck

In welcher Liga spielt die Feier? Man erkennt es an wichtigen Einzelheiten – wie der Getränkekarte. Für eine Veranstaltungsreihe von Red Bull durften wir eine Kombination aus vierfarbigem Offsetdruck und Letterpress realisieren. Das Rezept gelingt, wenn man die Bogenanlage beider Drucktechniken aufeinander abstimmt. Durch die anschließende Verbindung des weißen Feinkartons mit einem gegenkaschierten roten Karton ergaben sich satte 530 g/qm. In der Letterjazz-Werkstatt steht ein speziell angefertigtes Werkzeug für unser Balkenrillgerät zur Verfügung, um derart dicke Schinken auch in Form zu bringen, damit schließlich eine Klappkarte mit schmalem Rücken daraus machbar wird. Bevor der gewünschte Drink geordert wird, darf also gefühlt und gestaunt werden.



Grell und fein sollen sie sein

Die Tagesleuchtfarbe Pantone 805 ist nicht gerade ein leise vorgetragenes Plädoyer für die Vermeidung von Aufmerksamkeit, dennoch gelingt den Hamburger Maklern von Do & Able damit ein sehr feiner Stil. Bei dem seltenen Spagat zwischen Understatement und visueller Lautstärke halfen einerseits das kühle weiß des Gmund-Papiers (Color System Nr. 50, 400 g/qm), sowie versale Klassizismus-Zeilen, welche ohne Farbe – man sagt auch blind – gedruckt wurden. Auf der Rückseite der Geschäftskarten beweist ein ebenso blind gedrucktes, geometrisches Muster einmal mehr die Eleganz von Letterpress-Geschäftspapieren.



Was treiben Sie da eigentlich?

Auf diese Frage hätte ich gern eine griffige Antwort parat. Der westfälischen Sprechfaulheit wegen: Am besten ein einzelnes Wort, Nomen, Terminus.

Also: Grafiker, Mac, Klischee, Druckfarbe, alte Buchdruckmaschinen, edles Papier – wie nennt man diese Kombination?

Vier Begriffe auf dem Prüfstand:
1. Buchdruck: Ein gutes Wort – eigentlich. Bitte nicht mit dem Drucken von Büchern verwechseln, auch wenn Buchdruck-Erfinder Gutenberg ebensolche hergestellt hat. Seine technische Schöpfungsleistung lag aber vor allem in der Satztechnik mittels Bleilettern und deren Anfertigung. Hier in der Gegenwart, im Hof links, bei Letterjazz arbeiten wir mit Buchdruckmaschinen und können unser Tun daher eigentlich als Buchdruck bezeichnen. Jedoch würde ein alter Buchdrucker die Nase rümpfen oder gar den Kraftstrom-Stecker aus der Dose rupfen, wenn er sähe mit wie viel Schmackes wir Rüpel den Prägelook in das weiche Papier rammen. Hintergrund: Früher war das Letternmaterial aus Blei meist das Kapital eines Betriebs und wurde sinnvollerweise entsprechend geschont. Traditionalisten arbeiten also anders – ihr Papier küsst den eingefärbten Satz nur, mehr nicht. Darum ist Buchdruck vielleicht ein guter, für mich aber nicht ganz perfekt sitzender Begriff.

2. Hochdruck: Nicht falsch, aber unpräzise. Ein Oberbegriff. Wird bei Wikipedia leider mit dem Buchdruck gleichgesetzt, was korrekturbedürftig wäre. Wenn von einer Druckform mit erhabenen, druckenden Bereichen die Rede ist, welche direkt mit dem Bedruckstoff in Kontakt kommen, spricht man von Hochdruck. Es gibt unterschiedliche Hochdruckverfahren, die heute industriell genutzt werden, um z. B. Kunststoffverpackungen zu bedrucken (Flexodruck).

3. Letterpress: Die englische Entsprechung von Buchdruck. Das Wort schätze ich sehr, auch weil es nach meiner Beobachtung im „deutschen Ohr“ häufig zur richtigen Assoziation führt. Die Neubelebung des Buchdrucks kann man seit einigen Jahren vor allem in den USA beobachten. Letterpress wird gegenwärtig meist mit der nicht-traditionellen Arbeitsweise (Rechner-Klischee-Druckpresse) in Verbindung gebracht.

4. Prägedruck: Keine schlechte Wortwahl für meinen Zweck. Vielleicht so gar die beste. Wer im graphischen Gewerbe mitwirkt, der kennt Prägedruck auch als Bezeichnung für Heißfolienprägung (auch Prägefoliendruck) oder als Bezeichnung für den recht seltenen Stahlstichdruck. Zaudern lässt mich nur eine einzige Nebenwirkung, wenn man von Prägedruck spricht: Verwechslung mit einer Prägung. Denn eine Prägung im klassischen Sinne (Blindprägung) funktionert etwas anders als Buchdruck/Letterpress, da dafür auch eine Gegenform (Patrize genannt) zum Einsatz kommt.

Okay. Und wie nennen wir jetzt den Prägedruck, der keine Prägung ist, den bleifreien Buchdruck, den frisch gepressten Letterpress? Ich erlaube mir bei der Frage lieber noch ein wenig Aufschieberei. Allein wegen der sprachlichen Unwägbarkeiten das Land zu verlassen ist keine Option – die Massenträgheit der Gerätschaften hat das ohnehin schon ausgeschlossen.

Duplex für Dich!

Will man eine vollflächige Farbenpracht zu Papier bringen, so lehnt man sich bequem zurück und lässt die Druckerei rasch eine formatfüllende Fläche drucken. Jedoch: Warum das Übliche bestellen, wenn man stattdessen auch das Noble, das Feine, das Bessere haben kann? Einzig Unkenntnis und monetäre Zwänge lasse ich als Ausrede gelten. Denn den Vorzügen kann sich kaum jemand entziehen:

Mittels zweier Maschinen, Kaschierleim und diverser Hilfsmittel verbinden wir farbiges Feinstpapier (am liebsten ab 200g/qm aufwärts) zu zweifarbigen Leckerchen (Papierkenner sagen „Duplex“). So werden Visitenkarten, Einladungen, Mappen, etc. nicht nur durch die graphische Form, sondern auch durch ihre neu geschaffene Materialität zu einzigartigen Produkten.

Frisch aus der Maschine kommen unsere Duplex-Musterkarten. Ein gutes Dutzend verschiedener Designpapiere vom Gmund wurden von fleißigen Händen geduplext; bei der Arbeit mit solchen vielfältigen und haptisch attraktiven Feinstpapierqualitäten fragt man sich, warum man Papier nicht viel intensiver und kreativer in Entwurfsprozesse einbezieht.

Identische Papiere oder gar drei Schichten miteinander zu verbinden kann je nach Projekt und Budget ebenfalls eine reizvolle Idee sein.

Zwei Farben aus der Kollektion Bier-Papier beweisen es: Pils und Bock passen zusammen. Zum Wohl!