Letterpress zum Schnuppern

Wie schaut das aus, wenn man gelben gegen grauen Karton kaschiert? Wie gut wirkt Letterpress auf Holzpappe und was kann man mit groben Druckrastern so anstellen? Um erkenntnisfördernde Letterpress-Warenproben besser zugänglich zu machen, haben wir begonnen eigene Musterkarten zu drucken.

Viele Druckereien gehen bei der Leistungsschau in eigener Sache den Weg, auf ziemlich schaurige Weise alles an glänzenden und künstlich wirkenden Veredelungen in banal und überfrachtet gestaltete Broschüren zu klatschen, um visuell Sensible nachhaltig zu vergrämen. Nicht selten werden Chilischoten und Chamäleons abgebildet, fast nie wird man von Duftlacken und Glitzereffekten verschont.

Als blutdrucksenkender Gegensatz ist unsere technische Limitierung namens Buchdruck (= Letterpress) dank des gebotenen Minimalismus eine gepflegte Bühne für Typografie, Papier und einen reifen grafischen Stil. Die neuen Letterjazz-Musterkarten sollen künftig dem Betrachter in erster Linie Freude machen und nebenbei über Papier und Gestalter informieren. Zwar sind erst ein halbes Duzend Motive fertig, aber eine Verpackung gibt es natürlich schon:

Gegen Schutzgebühr werden die Packs im Schokoladentafel-Format demnächst den Nachfragenden überreicht.
Musterkarte Nr. 1, gedruckt auf Gmund Cotton Shiny cream 610 g/qm. Weitere sehr bald in diesem Blog.

fühl mal: Kontrast!

Glattes Papier, vierfarbiger Druck, makellose Anmutung – vor 25 Jahren waren das Merkmale von besonders hochwertigen Drucksachen. In der Zwischenzeit erreichten die klügsten Unternehmer der Industrie, dass solche Druckerzeugnisse zu Billigwaren wurden. Man bekommt sie allerorts für Erdnüsse, selbstverständlich vierfarbig plus Lack und gerne in verschwenderischen Mengen.

Erfreulicherweise teilt die Mehrheit der Letterjazz-Kunden unsere Passion für matte, nicht-geglättete Feinstpapiere, die sich in handwerklichem Letterpress-Maßstab mit unzeitgemäßer Maschinentechnik in herzerwärmende Drucksachen verwandeln lassen. Jedoch: Trotz der Material-Rauheit von schönem, authentischen Papier ohne Tech-Beschichtung kann man Spiegelglanz und Modernität durchaus als wirkungsvolle Stilmittel aktivieren – das richtige Rezept vorausgesetzt, um nicht zu sagen: Kontraste.

In der Gestaltung gehört Kontrast zum kleinen Einmaleins der Stilmittel, jedoch geht das bei Printmedien selten über das Grafische hinaus. Doch gerade das Spiel mit Material und Techniken macht manches Produkt erst richtig lebendig. Beispiele:

Recycling-Pappe mit schwarzem Letterpress-Druck – kombiniert mit einer Folienprägung in gebürstetem Metall-Look (Kunde: Modern Life School)

Materialkontrast pur: Hier haben wir Letterpress-Gold auf schwarzem Naturkarton mit einem Vierfarbdruck auf einem hauchdünnen, selbsklebenden, silbernen Material kombiniert (leicht vertieft dank Tellerprägung). (Kunde: helbig Dialogdesign)

Bei diesem Geschäftsbericht (Konzept und Design: heureka!) sitzt ein bedrucktes Blech in einem Ausschnitt der Titelseite; wir durften ein Letterpress-Etikett mit Handnummerierung zum Kontrastprogramm beisteuern, ebenso (nächstes Bild) eine Hülle aus Papier im Graupapp-Look in Nachbarschaft zu den Offset-Inhaltsseiten auf gestrichenem Papier.

Goldschnitt

Der Begriff Goldschnitt ist unmittelbar mit dem Beruf des Buchbinders verknüpft und mit dem Buch an sich als Anwendungsgebiet. Um einem Buch ein luxuriöses Erscheinungsbild zu verleihen, kamen Schnittverzierungen als Goldschnitt, Silberschnitt und Farbschnitt in Frage, auch wenn die initiale Motivation der Schutz der Schnittkanten war. Als Bücher noch wohlhabenden Menschen vorbehalten waren, galt es eine Technik zu finden, die durch Einsatz von Metallen bzw. Blattgold auch die Schnittkanten haltbarer macht. Diese Funktion des Werterhalts wandelte sich im Laufe der Zeit immer weiter zu einer Veredelung zur Schaffung eines offensichtiches Wert- und Prestigemerkmals.

Schnittveredelung heutiger Druckprodukte

Mit Printprodukten einen nachhaltigen Wow-Effekt erzielen gelingt mittels Schnittveredelung par exellence: Visitenkarten mit hochglänzenden Schnittkanten, Einladungen zu besonderen Events mit metallisch-spiegelnder Veredelung an der Außenkante oder Prints auf Graupappe mit Silberschnitt als Kontrast.

Das Essener Print-Studio Letterjazz gehört zu den raren Anbietern auf dem Feld der Schnittveredelung von hochwertigen Karten. Die ohnehin betont edel, mit besonderen Druckverfahren produzierten Drucksachen können wahlweise mit Farbschnitt, oder auch mit metallisch glänzendem, so genannten Folienschnitt veredelt werden. Heute werden statt Blattgold nämlich metallisierte Folien als Träger hochglänzender Schichten in der Herstellung von Gold- und Silberschnitt eingesetzt. Dadurch ist es auch möglich, den metallischen Glanz farbig getönt zu erhalten. Ein besonderer Style ist etwa ein blau-metallischer oder bronzefarbener Schnitt in Kombination mit einem hellgrauen Feinstpapier in Kartonstärke.

Gestalterisch ist der Goldschnitt oder Silberschnitt ein effektvolles Stilmittel, welches jedoch mit Fingerspitzengefühl zur Anwendung kommen werden sollte. Damit der Luxusausdruck im Ergebnis nicht „overdone“ wirkt, bietet sich an, die grafische Gestaltung der Karte selbst schlichter und reduzierter zu halten. Es ist in etwa so wie mit Goldschmuck: zuviel ist zuviel, jedoch: in der richtigen Dosis gibt man mit jeder schnittkanten-veredelten Karte ein ganz besonderes Statement ab.

In puncto Papierstärke gilt: je üppiger, desto wirkungsvoller wirkt die veredelte Schnittkante. Visitenkarten sollten mindestens aus 350-g-Karton gefertigt sein. Bei etwa 600 g/qm ist der Glanz sehr präsent. Bei den Druckverfahren ist der gewöhnliche Vierfarbdruck angesichts solcher Materialstärken nicht möglich – um so erfreulicher, dass bei Letterjazz mit Letterpress, Heißfolienprägung und Siebdruck die Bedruckung sehr großzügiger Kartonstärken zum normalen Tagesgeschäft gehört. Auf dem Feld des multisensuellen Marketings gilt es als Fakt, dass man Absendern von Informationsträger mit höherem Gewicht mehr Kompetenz zuordnet. Das spricht, neben der flächenmäßig größeren Schnittkante, ebenso für eine 700-g-Karte als selbstbewusstes Statement im Kontakt mit neuen Kunden und Partnern.

Kurzblick 003: Letterpress-Neujahrspost

Objekt: Neujahrskarte im Format 15 x 15 cm
Umsetzung: 2/0-farbig Letterpress (PMS-Farben), auf 900 g/qm-Gmund Cotton Gentleman Blue; präzisionsbedingt wurde die Karte nicht mittels Schneidemaschine auf Endformat gebracht, sondern gestanzt.

Gestaltung: Dirk Uhlenbrock, erste liga – büro für gestaltung
Produktion: Letterjazz Druck-Atelier



 

Punsch und Nüsse für die tüchtigen

Am Freitag Nachmittag gehen wir vom Gas. Mit dem Drehen der schwarzen Bakelitschalter wird das Schnaufen und Stampfen der Tiegeldruckpressen für ein paar stille Tage pausieren. Dem Energieversorger dienen wir natürlich nahtlos fortgesetzt als Konsumenten, jedoch nur mit dem Gebrauch von 230-Volt-Wechselstrom für die Glühwein- und Waffeleisen-Erhitzung. Und natürlich für Kunstlicht, denn Kerzen sind leider tabu an Orten, wo flammfreudige Substanzen zum Lösen von Druckfarbe in Gebrauch sind. Wir feiern kurz vor der arbeitsfreien Woche das bald zurückliegende, ausgesprochen erfolgreiche Jahr für das Druck-Atelier. Punsch und Nüsse gibt es für die Mitwirkenden und von hier aus ehrliche Grüße für alle Auftraggeber und Dienstleister und Blogverfolger, die uns 2012 begleitet haben.


Eine der Weihnachtskarten, die wir diese Saison drucken durften.
Gestaltung: Stefanie Wawer

kurzblick 001: Letterpress trifft Siebdruck

Wortreiche Ausführungen zum Thema Prägedruck und Letterpress sind im Grunde keine schlechte Sache. Zum produktiven Bloggen muss jedoch stets dispositiver Freiraum erkämpft werden; und diesen Kampf gewinnt immer häufiger das pulsierende Tagesgeschäft. Darum probieren wir mal eine Maßnahme zur Erhöhung der Blogbeitragsfrequenz und liefern künftig des öfteren kurze, schnelle Blicke auf druckfrische Arbeiten, ganz ohne große Worte. Zum ersten mal heute: Letterpress trifft Siebdruck.

Objekt: Visitenkarte Dr. Ullrich.
Umsetzung: Vorn mit flächigem Letterpress (nichtgedruckte Bereiche wirken erhaben). Textseite auf farbigem Karton – Gmund Colors – mit weißem Siebdruck, für ein wirklich deckendes weiß. Passgenau kaschiert zu einer Duplex-Karte. Es wurden verschiedene Druckfarben mit verschiedenen Papierfarben kombiniert.

Gestaltung: b.lateral
Produktion: Letterjazz Druck-Atelier



Schichtdienst: Prägedruck plus Kaschierung

Ach wie herrlich ist doch schönes Papier! Empfindet man Sympathie für diesen mit Nichts vergleichbaren Werkstoff, dann wird die Arbeit mit hochkarätigen Feinstpapieren zu einer Art Wellness-Anwendung. In der Letterjazz-Werkstatt haben wir das Glück nahezu ausschließlich mit solchen Kostbarkeiten umgehen zu dürfen, trotz teils galaktischer Einkaufspreise.

Die einzige noch mögliche Luststeigerung geschieht dann, wenn sich zwei Letterpress-gedruckte Papierschönheiten zusammentun und dabei eins werden. Mit buchbinderischen Gerätschaften, speziellem Leim, fleißigen Händen und allerhand Erfahrung kaschieren wir mal zwei, mal drei unterschiedliche Feinkartonqualitäten zu einem individuellen „Duplex-“ oder „Triplex“-Produkt.

Oft ist es auch ratsam, zwei gleiche Papierqualitäten für immer miteinander zu vereinen: Nicht selten wünschen sich nämlich unsere Auftraggeber beidseitig mit Prägedruck ausgestattete Karten – da ist eine Kaschierung aus zwei separat bedruckten Bögen stets die beste Herangehensweise. Die Arbeit lohnt sich, denn es ist das gute Ergebnis, das einen sichtbaren und fühlbaren Gegenwert liefert.

Die Werbekärtchen für die Duplex-Freuden gingen besser als manche Semmeln weg – wir erwägen unveränderten Nachdruck.


Eine solide Mittelschicht ist nicht nur für Sozialwissenschaftler von Bedeutung – ein schöner Aha-Effekt für den zweiten Blick.



Die Verbindung von grüngelbem und grauem Gmund-Karton langte dem Kunden noch nicht, darum kam noch eine Konturstanzung als weitere Veredelung hinzu.


Der Mann, der ganze Telefonbücher zerreißen konnte, dürfte sich mit diesen Einladungskarten schwer tun: Drei mal 700 = 2100 g/qm


Nicht mit Zurückhaltung, aber mit Präzision wurde der schwarze Kreis ins Papier gerammt – wer jetzt die Rückseite des Bogens ebenfalls mit Letterpress bedrucken möchte, ist mit einer Kaschierung (zweiter Druckbogen wird passgenau gegengeklebt) gut beraten.


Bei der feinen Karte von heureka durften wir Siebdruck auf braunem Karton mit Letterpress auf dem hochweißen Arches Expression Velours verbinden und eine Außenkontur mit kleinem Eckenradius stanzen.

Gestatten: Farbschnitt

Gestalter wollen mehr. Zwei Seiten reichen nicht (trotz Letterpress), schließlich hat eine gedruckte Karte auch noch vier Kanten, die sich unter der Lupe als gestaltbare Flächen entpuppen. Diese erhalten neuerdings mehr Aufmerksamkeit denn je.

Es ist hip, es ist purer Luxus, es heißt… Color Edged oder Edge Coloring – sagt man zumindest auf der anderen Atlantikseite. Unsere Kunden fragen meist nach farbigen Kanten oder Farbschnitt.

Wer gern zeigt, was er hat, wählt die Visitenkarte aus 600-Gramm-Karton, z. B. dem feinen Gmund Cotton – so leuchten die Kanten schon aus der Entfernung, sofern man die beliebten Day-Glo-Farben einsetzt. Wenn man mit der Visitenkarte lieber Understatement ausdrücken möchte, dann funktioniert der Farbschnitt auch bei dezenten 300 g/qm. Selbst deutlich weniger üppig dimensionierte Papierbögen wie etwa Briefpapier statten wir mit Farbschnitt aus – ein verblüffendes Detail für den zweiten Blick. Aber was sagen schon Worte …



In diesem illustren Kartenfächer versteckt sich eine Visitenkarte aus dunkelgrauem Karton. Handwerklicher Eifer ermöglichte trotz der Papierfarbe einen aufmerksamkeitsstarken, leucht-gelben Farbschnitt.


Für die Markenagentur Zeichen & Wunder haben wir zahlreiche Bestandteile der Geschäftspapiere mit einem leuchtenden orangeroten Farbschnitt ausgestattet – die nachfolgenden Bilder wurden uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

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Richtig anfragen – mehr Zeit für Pils und Miez

Wer oder was auch immer zu Hause wartet: Wird die Arbeit effizient erledigt, bleibt mehr Zeit für Daheimgebliebene, Müßiggang, Laster, Triebesdinge, etc . Hier geht es um die Korrespondenz – im Speziellen: Das Anfragen von Druckerzeugnissen. Wer schon frühzeitig klarstellt, was er sich genau wünscht (Lücken sind freilich erlaubt), der kommt ganz ohne zeitraubendes Rückfragen, Zögern und Zaudern des Kalkulierenden aus und vermeidet mitunter bittere Missverständnisse.

So oder ähnlich trifft es manchmal bei uns ein:

Selbstverständlich freuen wir uns über alle Anfragen – aber hier fehlen leider nahezu alle aufwandsrelevanten Daten.

Will man auf zeitraubende Rückfragen verzichten, könnte man beispielsweise eine solche Nachricht auf den Weg bringen:

Eins plus mit Sternchen für denjenigen, der noch eine Entwurfsdatei  – und sei es nur ein Screenshot – zur Ansicht mit anhängt. Damit lassen sich eventuelle drucktechnische Unwägbarkeiten gleich überprüfen. Natürlich ist noch kein „Diplom-Kunde“ vom Himmel gefallen, aber es lohnt sich auch in Zeiten allgemein rückläufiger Print-Kompetenz frisch in die Materie einzusteigen. Das Büchlein Druckreif (Verlag avedition), auf das ich ohne Vergütungsabsicht hinweise, bringt allerhand Licht in derlei grundlegende Print-Produktionsthemen – natürlich gibt es noch mehr nützliche Literatur bei anderen Verlagen.

Bleiben wir beim Beispiel oben: Die Angabe „Objekt“ hilft beim weiteren Austausch – das Kind bekommt einen Namen und beide Seiten wissen so stets, worüber sie reden. Das Format ist insbesondere für die Druckformkosten und Papierkosten von Bedeutung, ebenso für die Frage der Machbarkeit bezogen auf Maschinenformate. Stichwort Druck: Gerade bei Letterpress ist die Anzahl der Druckfarben besonders entscheidend für den Preis.

Variablen und Varianten gehen auch, wenn jedoch beispielsweise zwei Formate, drei Papiere und drei verschiedene Auflagen preislich dargestellt werden sollen, gerät das Kalkulieren oft zur Strafarbeit. Ein Telefonat vorab hilft oft, Machbares einzugrenzen und kostentreibende Faktoren zu identifizieren.

Wenn dann schließlich der errechnete und in der Währung Euro dargestellte Aufwand zu den Vorstellungen des Anfragenden passt, dürfen wir uns über einen Auftrag freuen.


Vielen Dank! Aber: da fehlt leider noch etwas.

Wer ist der Auftraggeber? Was wird beauftragt? Wenn es schnell gehen soll, kann man sich auf eine Angebotsnummer beziehen, sofern das Angebot inhaltlich dem tatsächlich Gewünschten entspricht. Besser ist eine explizite Nennung der Eckdaten (siehe Beispiel-Anfrage oben), samt Auftragswert – auch im eigenen Interesse des Auftraggebers. Zum Schluss interessiert uns noch: Wohin dürfen wir die fertigen Kostbarkeiten versenden? Das kann selbstredend auch später geklärt werden, könnte aber kostenrelevant sein.

Das behagliche Gefühl bzw. die Gewissheit, dass man sämtliche nötigen Informationen (möglichst in einem Schwung) übermittelt hat, ist nicht zu unterschätzen. Wer sich um eine so klare Kommunikation verdient macht, darf sich über frei gewordene Zeit für unbürokratische Dinge freuen!